25. Januar 2016 - Badische Zeitung
Fulminanter Start in die Fasent
Programm und Büttenreden lassen den Zunftabend der Reichenbacher Schergässler zum Gesellschaftsereignis werden.
Die Richebacher Spatzen bei ihrem umjubelten Auftritt. Mit von Partie: das närrische Urgestein Gerd Merz als Queen Elizabeth Foto: Heidi Fössel
LAHR-REICHENBACH. Wenn die Schergässler zum Zunftabend in die Geroldsecker Halle einladen, kommt auch lokale und regionale Politprominenz. Diese Fasentveranstaltung ist Kult. Das Programm: bissige Büttenreden, schmissige Musikauftritte, schwungvolle Tänze. Fasent auf hohem, sehens- und hörenswerten Niveau. Seinen ersten Auftritt hatte das Baronspaar Sandra II. und Frank Bodo I. Gekommen waren unter anderen Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller, Bürgermeister Tilman Petters, Gemeinderatsmitglied Walter Caroli, Ortsvorsteher Klaus Girstl, Johannes Fechner (MdB, SPD) sowie die Landtagskandidaten Marion Gentges (CDU) und Karl-Reiner Kopf (SPD). In dieser Saison gab es ein bejubeltes Revival: Angesichts von 55 Jahren Zunftabendgeschichte und nach 20 Jahren Pause fanden sich die legendären Reichenbacher Spatzen unter der Leitung von Herbert Haag und Gerd Merz auf der Bühne wieder zusammen.
Oberzunftmeister Thomas Fischer sprach den geheimen Wunsch Vieler aus, dass die Schlager- und Schunkellieder singenden Spatzen doch auch in Zukunft wieder aktiv sein mögen. Tänzerisch begeisterten auch dieses Mal wieder die Tanzgruppen der Mini-Minis (Leitung: Katja Bohy, Nicole Weinrich-Dold, Michaela Lauer, Steffi Kappus) und der Maxi-Minis (Leitung: Tanja Mallach und Michaela Fabry). Die ganz Jungen fegten als Wikinger über die Bühne, die Größeren überzeugten als äußerst bewegliche und charmante "Babuschkas", inklusive farbenfroher Haarkränze. Mallach und Fabry zeichneten sich für dieses Mal jedoch zum letzten Mal verantwortlich für Auftritt und Choreografie der Maxi-Minis. Der Hinkende Bote gab seine humorvoll-kritischen Kommentare in alemannischen Reimen zum Besten. Vor allem die Flüchtlingspolitik, der VW-Skandal und die Korruptionsaffäre rund um die Fußball-WM 2006 waren Themen. Auch für Rolf Hügel war es ein Bühnenjubiläum. Seine Rastätter Auftritte eingerechnet, so der Oberzunftmeister, stehe Hügel seit nunmehr 50 Jahren auf der Bühne. Der musikalische und rhetorische Jahresrückblick von Tanja Mühlhaus durfte natürlich nicht fehlen. Mühlhaus ließ fast kein Thema aus. Sie setzte den Bauarbeiten zur Neugestaltung des Lindenplatzes in Reichenbach sozusagen ein Denkmal. Bejubelt wurde ihr Vorschlag, doch das Ortschaftsratsmitglied Julius Benz dort als Skulptur aufzustellen. Dass sie das Publikum perfekt in närrische Stimmung zu versetzen wusste, bewies sie mühelos. Schließlich stimmten alle mit ihr ein: "S’isch Fasent", nach der Melodie des italienischen Schlagers "Volare".
Das Buurequartett setzte hier noch einen drauf und brachte die Narren mit Sketchen und Klassikern wie "Geh’ mer in d’Schergass" und "Auf der Straße nach Schuttertal" in Hochform. Die Richebacher Tratschwieber Christa Reithler und Gisela Heitzmann (Paula und Anna) verstanden es, in genüsslich spottenden Dialogen so manche kleine Missgeschicke Reichenbacher Bürger und Originale liebevoll aufs Korn zu nehmen. Selbst dass der Lahrer Oberbürgermeister ein Knöllchen hat zahlen müssen, war den wachsamen Beobachterinnen nicht entgangen. Eines Samstags hatte dieser vor dem Rathaus sein Privatauto geparkt, weil er noch Überstunden machen wollte. Er soll das Knöllchen sofort und persönlich am Montagmorgen auf dem Bürgerbüro bezahlt haben – dafür gebe es zuverlässige Quellen, wussten die Tratschwieber. "Die Neuen" unter der Leitung von Thomas Fischer (Text) und Jürgen Glatz (Musik) trugen mit ihrem Beitrag zur fröhlichen Stimmung bei – bis zum großen Finale. Da war es schon fast ein Uhr morgens.