27. Februar 2014 - Badische Zeitung

Ausnahmezustand vor den närrischen Tagen

MENSCHEN & MASKEN: Günter Singler aus Reichenbach ist ein echter Fasentsnarr – als Schergässler und Schierebaschtler.

Günter Singler aus Reichenbach im Schergässler-Häs. Foto: W. Beck

LAHR-REICHENBACH. Günter Singler aus Reichenbach ist ein Narr seit früher Kindheit: Für den 49 Jahre alten Physiotherapeuten am Klinikum in Lahr beginnt heute die heiße Phase: Als Schergässler und Aktivposten der Fasentgruppe der Schierebaschtler. In den Fronmatten herrscht bei Günter Singler und Ehefrau Martina Ausnahmezustand. Bunte Luftballons und andere Fasentdekorationen zieren die gemütliche Dachwohnung. Das Schergässler-Häs ist gerichtet. Eine Nähmaschine steht bereit, um noch weiteren Kostümen den letzten Schliff zu geben. Schließlich gehört der Sohn des Reichenbacher Zunftschneiders Josef Singler nicht nur seit drei Jahrzehnten den Schergässlern an, sondern seit mehr als 20 Jahren auch der Fasentgruppe der Schierebaschtler. Woher der Name kommt? "Ganz einfach", sagt Singler, "wir treffen uns in einem Schopf bei Freunden, um in geheimer Mission das jeweils aktuelle Fasentthema für den Gruppenauftritt in der Schergass und bei den Umzügen zu basteln." Das Motto wird nicht verraten, so Singler, heute ist die Premiere in der Schergass. In die Narretei fest mit einbezogen werden seine Kinder Anna-Lena und Adrian.

Als Kind hat Günter Singler die Fasent in Reichenbach vom Straßenrand aus erlebt, war beim Hemdglunkerumzug dabei und verpasste keinen Kinderball. Als Fußballer des SC Kuhbach-Reichenbach ist er als Jugendlicher auf einem Tieflader beim Fasentumzug durchs Dorf gefahren. Was blieb in bester Erinnerung? Singler durfte einmal mithelfen, als sein Vater mit Arbeitskollegen Anfang der 1970er Jahre den ersten Elferratswagen auf dem Gelände der Leiterfabrik Glatz zusammenbaute und darauf elf Pferdchen montierte, auf denen die Elferräte beim Umzug saßen.

Mit 18 Jahren schloss sich Singler erstmals einer Dorffasentgruppe an. Drei Jahre später waren es die "Lachsäcke", mit denen er durchs Dorf zog. Anfang der 1980er Jahre erfolgte die Aufnahme bei den Schergässlern. Singler war dabei, als das Fasentblättli unter die Leute gebracht wurde, nicht zu vergessen sind die Thekendienste im "Nörgler", dem Zunftlokal der Schergässler. Als einen Höhepunkt unter vielen in der fünften Jahreszeit nennt Singler die Mitarbeit in der katholischen Jugendgruppe St. Stephan, die während des Schergassenjahrmarkts ins "Narrieté" einlädt und dort Sketche, Spaß und Komik präsentiert.

1987 herrschten Günter und Martina Singler als Baronspaar mit dem närrischen Hofstaat. Heute, am Schmutzigen Donnerstag, ist der 49-Jährige als Schergässler beim Narrenbaumstellen am Lindenplatz im Einsatz. Danach wird mit zwölf weiteren Schierebaschtlern, zu denen auch Ehefrau Martina zählt, das Rathaus gestürmt, werden die Lokalitäten und Fasentbuden unsicher gemacht. Zur Stärkung für das nächtliche Treiben gibt’s im Hause Singler eine kräftige Narrensuppe mit Würstchen. Dann geht’s auf die Gass. Man darf gespannt sein, was sich die Schierebaschtler in diesem Jahr ausgedacht haben.

Fasent-Tagebuch: Die BZ begleitet Günter Singler die nächsten Tage durch die Fasent und berichtet über seine närrische Erlebnisse

17. Februar 2014 - Badische Zeitung

"Das ist Fasnacht in Reinkultur"

Beim 53. Zunftabend der Schergässler huldigten 600 begeisterte "Untertanen" dem Baronspaar Gitte I. und Gerold I.

Die „Neuen“ parodierten die bayerische Bergwelt. Foto: WOLFGANG KUENSTLE

LAHR-REICHENBACH. Ein Feuerwerk des närrischen Frohsinns haben die Reichenbacher Schergässler am Samstag beim 53. Zunftabend in der Geroldseckerhalle gezündet. Zum Fasent-Spektakel zählte ein fünfstündiges Non-Stop-Programm echten alemannischen Frohsinns. Geboten wurden Büttenreden und Showeinlagen am Fließband. 600 Besucher waren begeistert.

Im Beisein zahlreicher Polit-Promis bildete die Proklamation des Baronspaars Gitte I. und Gerold I. (Gitte und Gerold Beck) den Auftakt der Narrenschau. Rund 600 Besucher erlebten dabei eine fulminante Narren-Show der guten Laune, musikalisch gewürzt mit der Zunftabend-Band "Skunks". Witzige Parodien, Humor und brillante Satire wechselten im Minutentakt. "Das ist Fasnacht in Reinkultur", schwärmte Lahrs Oberbürgermeister Wolfgang G. Müller vom Zunftabend in der Geroldseckerhalle, an dem Oberzunftmeister Thomas Fischer und Zunftmeister Armin Furtwängler gemeinsam durchs Programm führten.

Was alles in der Bütt und auf der Bühne geboten wurde, war Fasent der Extra-Klasse. Bereits die "Mini-Mini’s" trafen mit ihrer Tanzeinlage zur Fußball-WM in Brasilien den Geschmack des Publikums. "Copacabana am Schutterstrand" – die Geroldseckerhalle mutierte zum Fußballstadion. Für die Show des Narrensamens am Zuckerhut waren Katja Bohy, Nicole Weinrich-Dold, Michaela Lauer und Steffi Kappis verantwortlich. Kein Blatt nahm der "Lahrer Hinkende Bote" (Rolf Hügel) vor den Mund. In Reimform und auf nur einem Bein las der Büttenredner den Mächtigen aller Couleurs die Leviten. Derb und deftig, urbadisch und komisch schlapperte das Richebacher Buurequartett auf die Bühne.

Timo Haag, Patric Bohy, Mirko Sahl und Daniel Moser erwiesen sich einmal mehr als Meister des Musik-Klamauks und der Komik. Die früheren Ohrwurmsieger in der fünften Jahreszeit gaben ihr Bestes, blödelten und witzelten zwischen Gesang und Schüttelreim, dass sich die Balken bogen. Ihr Lohn: Im Handumdrehen hatten die vier Buure auch ohne Facebook 600 neue Freunde, wenn diese nicht schon längst Fans der vier Barden sind.

Statt mit Musik und Blödeleien glossierten die Tratschwieber Paula und Sofie (Gisela Heitzmann und Barbara Reithler) mit verbalen Rundumschlägen das Geschehen zwischen Kirche, Wirtshaus und Lindenplatz. Auch ohne Unterstützung von Geheimdiensten kamen die zwei Tratschwieber hinter die bisher best gehüteten Geheimnisse im Dorf, die schonungslos offengelegt wurden.

Dass nicht nur bei den Schergässlern Fasent gefeiert wird, sondern auch in der Lagunenstadt Venedig, das bewiesen die "Maxi-Minis". Die tänzerische Bühnen-Show "Karneval in Venedig", choreografisch von Michaela Fabry und Tanja Mallach in Szene gesetzt, entpuppte sich dank der Kostüme, flotter Musik und venezianischer Kulisse als Augenweide.

Wenn Gesellschaftskritik tiefsinnig parodiert, mit viel Esprit serviert und auch noch mit Pepp vorgetragen wird, dann ist Tanja Mühlhaus nicht weit. Die Reichenbacher Entertainerin, deren Herz für Reichenbach brennt, bewies beim "Närrischen Jahresrückblick" (musikalisch begleitet von Rainer Kammerer) einmal mehr ihr Bühnentalent. "Die Stadt, sie weiß, komm und lach, denn LR heißt Lahr-Reichenbach" gab sie den Kommunalpolitikern feinsinnig und gesangsstark charmant zu verstehen. Mit ihrem Mann Helge Mühlhaus, der als Rocker "Heino" Bühnenpremiere feierte, lieferte sie mit Samba-Rhythmen den Beweis, dass es am Schutterstrand genau so stimmungsvoll zugeht wie am Zuckerhut. Das belegten auch die Kenzinger Wellebengel, die den Wiener Hofstaat parodierten und als Kaiser Franz-Josef und Sissi der früheren badischen Region einen besonders würzigen "Kaiserschmarrn" servierten.

Die stürmischen Beifallsraketen galten nicht nur dem Narren-Import aus Kenzingen, sondern auch dem Schergässler Show-Tanz (Tanja Stürmer und Henriette Schüssele), die vor dem großen Finale in einem humorvollen Bühnenspektakel in weiß-blauer Glückseligkeit der "Neuen" (Leitung Thomas Fischer und Jürgen Glatz) gipfelte, die mit Ohrwürmern und viel Klamauk die bayerische Bergwelt aufs Korn nahmen. Aus luftiger Höhe grüßten Beate Maier, Patrick Decker, Armin und Gerd Furtwängler, die zum großen Finale überleiteten, zu dem eigens das Buurequartett einen Fasent-Hit komponierte.

11. November 2013 - Badische Zeitung

Schlachtfest der Reichenbacher Schergässler

Elftes Schlachtfest der Reichenbacher Schergässler / Das Zunftlokal Nörgler war gut gefüllt.

Jürgen Wiesecke ist auch beim Schlachtfest ein Mann für alle Fälle. Foto: HEIDI FÖSSEL

LAHR-REICHENBACH. Wenn die Narrenzunft der Schergässler kurz vor Martini zum Schlachtessen in den Nörgler einlädt, herrscht Hochbetrieb im Zunftlokal: Geschätzte 150 Schlachtplatten sind am Samstag über die Theke des Gastgebers gegangen. Zuvor hatten die Schergässler eine Drei-Zentner-Sau fachmännisch zur Strecke gebracht. Das Objekt der Begierde stammte vom Bantlehof in Wittelbach. In beeindruckender Mannschaftsstärke machten sich in den frühen Morgenstunden die "Schlachtexperten" der Schergässler an die Arbeit: Die Sau vom Bauernhof abholen und zur Schlachtbank führen, zählt dabei zum alljährlichen Ritual im November, um dann zur Mittagszeit die hungrigen Mäuler im Nörgler stopfen zu können. Vor dem finalen Schuss hatte sich die Sau ordentlich gewehrt. Im Schlachthaus der Erzeugergemeinschaft Weideland Schuttertal zerfetzte sie Zunftmeister Armin Furtwängler das Hemd.

Auf dem Weg zur Schlachtbank assistierten Ehrenoberzunftmeister Martin Meier und Ehrenzunftmeister Werner Fehrenbach. Im Kollektiv mit den geübten Metzgern Jürgen Wieseke und Sohn Matthias, dem nach eigenen Angaben "jüngsten Metzgermeister Deutschlands", ging es mit vereinten Kräften zur Schlachtbank. Jüngster im Schlachtteam war mit seinen elf Jahren Daniel Wieseke. Die Ohrenmarkennummer des Schweins – DEOG 127 0017 – brachte Jürgen Wieseke als Beleg einer erfolgreichen Schlachtung zum Nörgler mit, wo die Kessel vor dem Zunftlokal dampften und den ersten Gästen der unvergleichliche Duft von Kesselfleisch und Metzelsupp in die Nase kroch. Zunftrat Marco Ruf, der an diesem Samstagmorgen als eingeteilter Zählmeister in Funktion war, brachte für das Schlachtessen 200 Blut- und 200 Leberwürste mit. "Die schmecken wieder hervorragend", sagte Narrenboss Thomas Fischer angesichts eines opulenten Festschmauses im Zunftlokal, das gemütlich herausgeputzt worden war.

"Anderorts verlieren die Gänse zu Martini ihr Leben", meinte ein Reichenbacher bei der Essensausgabe scherzhaft. "Bei uns werden zu dieser Zeit Sauen zur Schlachtbank geführt." Satt wurden am Ende alle Besucher. Für das mit Apfelsaft abgeschmeckte Sauerkraut als Begleiter sorgte einmal mehr Peter Bleicher, dem seine Frau Iris bei der Essensausgabe zur Seite stand und den Schlachtessen noch einen kräftigen Schlag Kartoffelbrei mit reichlich Soße hinzu fügte. Nicht fehlen durften die flüssigen Zutaten: ä Glas Moscht und als Verdauerle ä Schnäpsli aus heimischer Ernte. Im Nu waren die rund 150 Portionen mit Kesselfleisch und Blut- und Leberwürsten verspeist. Anschließend bestand in geselliger Runde genügend Zeit, Pläne für die bevorstehende Kampagne in der fünften Jahreszeit zu schmieden, die für Narren bekanntlich heute, am 11.11. um Punkt 11.11 Uhr beginnt.

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